Das Foto zeigt eine Hausfassade im Kolonialstil, gelb verputzt aus Backstein. „Das Gebäude sieht auf den ersten Blick total ansprechend aus, doch beim genaueren Hinsehen ist zu erkennen, dass es instandgesetzt werden muss“, sagt Andreas Pavel, Mitarbeiter im Labor für Tragwerke und Konstruktion, Fachbereich IV, der Berliner Hochschule für Technik (BHT).
Das stattliche Bauwerk, eine ehemalige Tabakfabrik, stand im Fokus des Architektur-Workshops „Casa Viva“, dessen dritte Ausgabe im März in Havanna stattfand. Studierende mehrerer Hochschulen, darunter die BHT, entwickelten gemeinsam Konzepte für die Neugestaltung des heruntergekommenen Gebäudes. Mit möglichst wenig Mitteln und Aufwand sollten darin altengerechte Wohnungen entstehen.
Internationaler Workshop
BHT-Studierende aus den Studiengängen Master Architektur und Bachelor Landschaftsarchitektur waren für den zweiwöchigen Aufenthalt nach Kuba geflogen. Begleitet wurden sie neben Andreas Pavel und seiner Labor-Kollegin Alexia Hornig von Dirk Blomeyer. Der Professor für Wirtschaftliches Entwerfen und Ökologische Gebäudekonzepte am Fachbereich IV hat diesen internationalen Workshop gemeinsam mit dem Referat für Internationale Angelegenheiten der BHT und dem DAAD ins Leben gerufen.
Vier Hochschulen nehmen teil:
- Nationale Autonome Universität von Mexiko (UNAM)
- Technische Universität Havanna (CUJAE)
- Höhere Technische Schule Madrid (ETSAM)
- Berliner Hochschule für Technik (BHT)
An jeder Hochschule findet eine Einzelveranstaltung statt, in der die Studierenden in Teams eine Aufgabenstellung kreativ lösen sollen: ein bestehendes Gebäude in ein Haus umzuwandeln, in dem Menschen leben können.
Während der Auftaktveranstaltung in Berlin im Juli 2023 erstellten die Studierenden beispielsweise Entwürfe zur Umnutzung des Parkhauses am BHT-Campus als ein Studierendenwohnheim. Im November 2023 wurde in Mexiko-Stadt eine Unterkunft für Geflüchtete umgeplant.
Aus Tabakfabrik wird Zuhause für Ältere
In Havanna bestand die Herausforderung darin, die leerstehende Tabakfabrik, ein Gebäude mit ursprünglicher industrieller Funktion, zu neuem Wohnraum, mit Schwerpunkt auf barrierefreie und altengerechte Räume, umzufunktionieren. Der Hintergrund: Auf Kuba leben die Familien über mehrere Generationen im selben Haus, welche nicht für Ältere ausgelegt sind.
Im Rahmen dieser Aufgabe wurden Ideen zur Entwicklung der Aufenthaltsqualität einer speziellen Altersgruppe mit besonderen Bedürfnissen entwickelt. Außerdem sollten im Sinne des Bauens im Bestand die bereits vorhandene Gebäudestruktur beibehalten und dessen Bauteile wiederverwendet werden.
Fünf Teams, bestehend aus Studierenden verschiedener Fachrichtungen wie Architektur, Urbanistik oder Industrial Design, entwickelten zwei Wochen lang verschiedenste Konzeptentwürfe. „Die Teilnehmer*innen brachten ihre Arbeitsweisen und ihre Perspektiven aus ihren Heimatländern ein“, sagt Alexia Hornig, Mitarbeiterin im Labor für Entwurf und Städtebau, die den Workshop mitorganisierte. In den Konzepten hätten die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt werden müssen, etwa die hohen Temperaturen oder die eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten.
Die Projektarbeit in Havanna war eingebettet in ein umfassendes Exkursionsprogramm, bestehend aus Vorträgen von Professor*innen der CUJAE zur Architekturgeschichte und zum Sozialen Wohnungsbau Kubas, sowie Fachvorträgen der anderen Lehrenden und diverse Ausflüge, wie zum Beispiel in das Gebiet von Valle de Viñales.
Blick über den Tellerrand
Nach dem Workshop in Havanna wird die vierte und letzte Workshop-Ausgabe im kommenden September 2024 an der ETSAM in Madrid stattfinden.
„Es ist uns ein großes Anliegen, dass die Studierenden an der BHT fachlich einfach mal über ihren Tellerrand schauen. Solche Veranstaltungen bieten zugleich die Chance zum persönlichen interkulturellen Austausch, aus dem häufig Freundschaften entstehen, denn die gemeinsame Projektarbeit in den Teams schweißt die Studierenden zusammen,“
sagt Alexia Hornig. Sie und die Mitorganisator*innen am Fachbereich IV hoffen, dass es zukünftig ähnliche Workshops mit internationaler Ausrichtung geben wird.