Wie KI die Architektur revolutioniert

Ob Gebäude, Innenarchitektur oder Landschaftsgestaltung: KI-Tools können Architekt*innen bei Entwurf und Planung assistieren. Ein Gespräch im Format „Drei Fragen, drei Antworten“ mit Prof. Michael Holze, Fachbereich IV, über den Einfluss von KI auf den kreativen Prozess.

KI-generierte Bild eines Bibliotheksgebäudes
Dieses KI-generierte Bild eines Bibliotheksgebäudes entstand im Seminar Experimentelles Gestalten und Präsentieren mit dem Titel „Entwerfen mit Bildern“, geleitet von Prof. Michael Holze (kleines Bild). Bild: Tobias Zander, Michael Holze

Prof. Holze, Sie bezeichnen die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Architektur als „bahnbrechend“. Inwiefern?

Die Einsatzmöglichkeiten der KI in der Architektur schreiten enorm schnell voran. Dies gilt für drei Bereiche: die verbale, die visuelle und die technische KI. Mit KI-Modellen wie Midjourney, Stable Diffusion, Leonardo und DALL-E lassen sich wie aus dem Nichts faszinierende Entwürfe erstellen. Sie stellen einen Kreativitäts-Boost im Entwerfen mit Bildern dar. Dazu ein Beispiel: KI-unterstützte CAD-Programme können heutzutage allein auf der Grundlage einer Handskizze oder eines Screenshots aus dem CAD-Programm fotorealistische Visualisierungen in Sekunden erzeugen, die sich weiterbearbeiten lassen. Dafür hätten Studierende früher Wochen benötigt.

Ein zweites Einsatzgebiet für KI in der Architektur bieten textbasierte Modelle wie ChatGPT, auch LLMs genannt. Sie helfen schon zu Beginn eines Projekts bei den ersten Überlegungen in der Konzeptentwicklungsphase. Damit lassen sich zum Beispiel Raumprogramme abfragen und tabellarisch darstellen sowie Prompts für die unterschiedlichen KI-Bildgeneratoren ausgeben.

Der dritte Einsatzbereich sind technische KIs. Sie bieten in Form der Datenanalyse viele Vorteile, gerade wenn ein Projekt komplexe Ausmaße angenommen hat und Unmengen an Daten und Vorgaben existieren. Die KI hilft in der Planungsphase bei der Analyse, der Simulation und der Optimierung eines Projekts. Sie kann Muster erkennen, die der Mensch nicht entdecken kann.

Bleiben wir bei den visuellen Einsatzmöglichkeiten. Wie läuft die Ideenfindung mithilfe von KI bei einem neuen Projekt ab?

Stellen wir uns vor, dass ich ein Museum entwerfen soll, das kontemporär und modern, expressiv und plastisch aussehen soll. Diese Eigenschaften gebe ich in den Prompt ein. Die KI erstellt aus dem riesigen Fundus, mit dem sie trainiert worden ist, einen völlig neuen Entwurf. Es ist faszinierend, wie die KI sofort Vorschläge unterbreitet, die ich weiterentwickeln kann.

Im ersten Resultat erscheinen mir einige Wände allerdings zu massiv und das Dach hängt zu sehr durch. Ich markiere die Bereiche und gebe meine Änderungen in den Prompt ein, woraufhin die KI den Entwurf überarbeitet. Irgendwann zoome ich aus dem Entwurf heraus, worauf ich beginne, die Umgebung zu gestalten, etwa eine urbane Landschaft. Vielleicht erzeugt die KI überraschenderweise Bestandteile, an die ich nicht einmal gedacht habe, zum Beispiel Zwischenräume oder Freiflächen, was mich möglicherweise weiter inspiriert. Alles geschieht mit wenigen Klicks.

Der kreative Prozess geht enorm schnell, liefert qualitativ hochwertige Bilder in Form von superrealistischen Renderings. Die KI übernimmt Designaufgaben mit unlimitiertem Output. Ich kann vieles ausprobieren. Man arbeitet iterativ so lange weiter, bis einem das Ergebnis gefällt. Architekt*innen können kreativ und spielerisch die Möglichkeiten und das Potenzial eines Entwurfs ausloten, um die optimale Lösung zu finden. Ein derart leistungsfähiges Werkzeug hatten wir noch nie zuvor.

Im Fach „Experimentelles Gestalten und Präsentieren“, das Sie leiten, nutzen Masterstudierende KI-Bildgeneratoren. Wie sieht dies aus?

Generative KI-Bildgebungswerkzeuge sind ein mächtiges Erkundungsinstrument für Inspirationen und erste Ideen. Die intelligenten Tools ermöglichen ein unschlagbar schnelles und visuell hochwertiges Generieren von Ideen zum kleinen Preis. Die Studierenden erhalten zum Beispiel Aufgaben zu einem übergeordnetem Thema, das sie mithilfe von KI-Unterstützung bearbeiten sollen. Dabei geht es auch darum, einen „Workflow“ zu entwickeln.

Eine Fragestellung lautet etwa: Wie lässt sich Wasser in die Architektur der Stadt der Zukunft integrieren, damit die sommerlichen Temperaturen erträglich bleiben? Mit der KI können die Studierenden direkt loslegen. Es gibt sofort erste visuelle Ergebnisse, über die man diskutieren kann. Es ist ein Prozess voller Inspiration. Soll die KI beispielsweise Entwürfe zur Begrünung von Dächern ausgeben, zeigt sie mir mehrere Vorschläge, von beeindruckenden Entwurfsvorschlägen, beispielsweise Dachlandschaften mit einer Vegetation in allen möglichen Formen, von floralen Dachgärten bis hin zum Aquafarming-Pool in fotorealistischer Darstellung.

Die Vorschläge sind oft faszinierend und überraschend. Dies bietet einen großen Mehrwert. Unsere Studierenden arbeiten begeistert mit den KI-Modellen. Sie setzen sich intensiv damit auseinander und lernen sie als personalisierbare Assistenzsysteme kennen. KI wird sowohl Arbeitswelt als auch Lehre in einem transformativen Prozess grundlegend verändern. Wir sollten uns darauf einlassen, Berührungsängste abbauen und der Vorteile gewahr sein. KI sollte in den Stundenplan der Studierenden aufgenommen werden.


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