Kleines Armband mit großer Wirkung

Daumen hoch, Kopfschütteln oder ausgestreckter Zeigefinger: Menschen verstehen Gesten intuitiv. In der Interaktion mit Maschinen kommen sie hingegen kaum zum Einsatz. Im Forschungsprojekt WINK der Berliner Hochschule für Technik wird untersucht, wie sich Handbewegungen über ein smartes Armband nutzen lassen.

Im Forschungsprojekt WINK entsteht ein intelligentes Armband
Im Forschungsprojekt WINK entsteht ein intelligentes Armband, welches über integrierte Sensoren Gesten erkennen soll. Gleichzeitig können darin verbraute Motoren vibrieren und so an unterschiedlichen Stellen (links, unten) auf der Haut Feedback auf eine Geste geben. Bild: BHT/WINK/Jan Willms

Der Kinofilm „Minority Report“ aus dem Jahr 2002 enthielt eine stilprägende Szene, die seitdem in vielen Science-Fiction-Streifen zu sehen ist. Schauspieler Tom Cruise gestikuliert darin mit Händen und Armen, um mit Computerinterfaces, die in die Luft projiziert sind, zu interagieren. Er wischt sie mit den Fingern hin und her, tippt darauf herum und navigiert zielstrebig durch die Verzeichnisse. Von einer Umsetzung ist die Fiktion gegenwärtig noch weit entfernt. Wissenschaftler*innen forschen an den Grundlagen, mit denen der Mensch über Handbewegungen mit Maschinen kommuniziert. An der Berliner Hochschule für Technik (BHT) beschäftigt sich die Forschungsgruppe „Human-Computer-Interaction“ von Prof. Dr.-Ing. Katrin Wolf, Fachbereich VI, mit dem Zukunftsthema.

Eines ihrer Forschungsprojekte nennt sich WINK. Es hat ein Finanzvolumen von 1,26 Millionen Euro, wobei 70 Prozent das Bundesministerium für Bildung und Forschung zusteuert. Im Fokus steht die Interaktion mit Gesten. Dass dies ohne Computerdisplays geschehen soll, macht es nicht einfacher. „Die Bedienung von Maschinen über Interfaces ist sehr visuell geprägt“, sagt Wolf. Noch würden Handbewegungen kaum für die Interaktion genutzt. Eine Ursache: „Für die Menschen ist es unbequem, Gesten zu erlernen und anschließend korrekt auszuführen, ohne visuelles Feedback oder Unterstützung bei Fehlern zu erhalten.“ In WINK wird daher erforscht, wie sich Rückmeldungen über taktile Reize geben lassen. Dafür konstruieren die Wissenschaftler*innen spezielle Armbänder für den Unterarm, die spürbare Signale an die Haut übertragen können.

Interaktion auf Distanz

Für diesen Ansatz hat das Team um Prof. Wolf einen Anwendungsfall im Blick. Die Forscher*innen kooperieren mit der Firma Trumpf. Der Werkzeugmaschinenhersteller will in einer seiner Fabriken die Arbeit mit einem Lasercutter effizienter machen. An einer Seite schieben die Arbeiter*innen die Stahlplatten in die Industriemaschine, auf der anderen Seite kommen zugeschnittene Bauteile heraus. Dort überprüfen die Angestellten deren Qualität. Sind fehlerhafte Zuschnitte darunter, müssen sie auf die andere Seite der Maschine gehen und an einer Tastatur den Befund vermerken. Die Idee: Mit einer simplen Handbewegung, etwa in Form eines Hakens, der ein „OK“ symbolisiert, könnten die Arbeiter*innen der Maschine Rückmeldung geben ohne hin- und hergehen zu müssen.

Damit dies funktioniert, müssen Handbewegungen konzipiert werden, die Menschen intuitiv verstehen, erlernen und nutzen können. Genauso muss die Maschine die Bewegungen im dreidimensionalen Raum registrieren und die jeweilige Geste erkennen, wobei der Mensch sie immer leicht unterschiedlich ausführt. Für die Identifikation kommen daher Methoden der künstlichen Intelligenz zum Einsatz. Der Computer wird mit einem Datensatz trainiert, der sehr viele Ausführungen verschiedener Handbewegungen enthält. Ein gängiges Verfahren, das gut funktioniere, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Jan Willms. „Das Problem ist das Feedback.“ Denn erhalte ein Mensch, der eine Geste falsch ausführt, keine oder eine unverständliche Rückmeldung, führe dies zu Irritationen.

Stimulation der Haut

Die BHT befasst sich in dem Forschungsprojekt mit der Frage, wie sich mit einem Gestenarmband nützliches Feedback geben lässt. Die Projektpartner behandeln weitere Themen wie zum Beispiel die Gestenerkennung. So kommt bei der Firma Trumpf ein Gestenarmband des Projektpartners Kinemic zum Einsatz. Es erkennt zweidimensionale Gesten anhand der Bewegung, gibt jedoch nur Ton sowie Vibration über einen verbauten Motor zurück.

An der BHT wird mit Gestenarmbändern und verschiedenen Bauteilen experimentiert. Der aktuelle Prototyp besteht aus Kunststoffgewebe sowie gedruckten elastischen Verbindungselementen, in denen Elektromotoren stecken, die auf der Haut vibrieren können. Das BHT-Team beschäftigt sich daher mit der Frage, wie viele Motoren verbaut sein müssen. Dabei ist es wichtig, geeignete Positionen zu finden, damit der Mensch die verschiedenen Vibrationsreize zuverlässig unterscheiden kann. Außerdem wird erforscht, wie verschiedene Vibrationsmuster interpretiert werden. Hierfür führen die Wissenschaftler*innen in dem Forschungsprojekt Studien durch. In WINK geht es also noch um grundlegende Themen. „Der Einsatz von Haptik für die Steuerung digitaler Geräte wird noch viele Jahre ein Forschungsfeld bleiben“, ist Prof. Katrin Wolf überzeugt.


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