Die Nutzung von Abwasser für die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen gilt als effiziente wie ressourcenschonende, jedoch ebenso risikobehaftete Praxis. Denn: Durch das ungeklärte Abwasser gelangen Antibiotika, Desinfektionsmittel und weitere potenziell gefährliche Substanzen zusammen mit antibiotikaresistenten Bakterien auf die Felder und dementsprechend in unsere Nahrungsmittel.
Die Forschungsgruppe FOR 5095 will für das Ausmaß der Risiken eines sich verändernden Abwasserbewässerungssystem eine Beurteilungsgrundlage schaffen. Für insgesamt sieben Teilprojekte erhält die FOR 5095 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ab Mitte Oktober 2021 über vier Jahre eine Förderung von mehr als 2,5 Millionen Euro.
Die Forschenden untersuchen die vermutete Selektion von Antibiotikaresistenzen und die Ausbreitung von Krankheitserregern in Agrarsystemen sowie deren Transfer in vom Menschen konsumierte Nutzpflanzen.
Dies geschieht anhand des Beispiels des weltweit größten zusammenhängenden Abwasserbewässerungssystems nördlich von Mexiko-Stadt, im Mezquital Tal. Hier wird aktuell auf die Bewässerung mit teil-geklärtem Abwasser umgestellt.
Die ökologische Fragestellung
Dr. Elisabeth Grohmann, Professorin für Mikrobiologie am Fachbereich V, leitet das Subproject 4 (SP 4). Im Fokus steht hier die Frage, ob die Freisetzung von Schadstoffkonzentrationen, die im ungeklärten bzw. geklärten Abwasser vorliegen, eine Selektion von Antibiotikaresistenzen sowie eine Erhöhung des horizontalen Gentransfers bewirkt und ob und inwiefern dies vom Bodentyp abhängt.
„Für mich steht besonders die ökologische Fragestellung im Mittelpunkt meiner Forschung: Wie kann Landwirtschaft ressourcenschonend gestaltet werden?“, betont Grohmann. Auf das Teilprojekt der Beuth Hochschule entfällt ein Förderbetrag von knapp 340.000 Euro.
Die Modellregion Valle Mezquital
Die Modellregion im Valle Mezquital bietet außerordentliche Bedingungen für das Forschungsvorhaben. Die Region wurde über mehrere Dekaden mit einer Mischung aus unbehandeltem Abwasser und Regenwasser bewässert. Das Resultat: In den bewässerten Böden und Feldern finden sich Rückstände von Arzneimitteln, Desinfektionsmitteln, Schwermetallen etc.
Ähnlich wie in Mexiko wird die Bewässerung in vielen Ländern von ungeklärtem zu geklärtem Abwasser umgestellt. Allerdings gelten Kläranlagen als Hotspots für die Entstehung von Antibiotikaresistenzen, da das geklärte Wasser zwar insgesamt weniger Bakterien als zuvor enthält, jedoch einen potenziell größeren Anteil multiresistenter Bakterien aufzeigt. Die Umstellung kann also neue Probleme generieren.
Die Forschungsgruppe besteht neben Frau Grohmann aus Wissenschaftler*innen der Universität Bonn, des Universitätsklinikums Bonn, des Julius Kühn-Instituts und der Universität Tübingen. Das Projekt wird in Kooperation mit der Universidad Nacional Autónoma de México durchgeführt. Als Koordinator des Gesamtprojektes agiert Prof. Jan Siemens der Universität Gießen.