Prof. Dr. Kölzer, Sie erwarten, dass zukünftig vollkommen andere Technologien im Bauwesen zum Einsatz kommen. In welchen Bereichen beispielsweise?
In Zukunft werden viele Bauelemente mit Sensoren versehen sein, die nicht nur auf die Bauwerke selbst, sondern auch auf Ausführungsprozesse Einfluss nehmen. So lassen sich zum Beispiel bereits heute RFID-Tags verwenden, um Bauteilte echtzeitnah zu orten. Smarte Sensoren zeichnen darüber hinaus zukünftig vermehrt Daten zur Temperatur, Feuchtigkeit, Bewegung sowie zu Rauch oder Gasentwicklungen auf. Dies sorgt beispielsweise für mehr Komfort und Sicherheit, aber auch für mehr Nachhaltigkeit, weil sich unter anderem Energie- oder Wasserverbrauch anpassen lassen. Auch nach Fertigstellungen von Bauwerken gibt es Ansätze, zum Beispiel dank der Aufzeichnung von Echtzeit-Daten. Vor allem aber verlängert sich die Lebensdauer von Bauwerken, wodurch der Materialverbrauch sinkt. Ich gehe davon aus, dass Smart Homes beispielsweise Smart Buildings im Kontext von Smart Cities die Entwicklungen im Bauwesen antreiben werden. Eng damit verbunden ist das Building Information Modeling (BIM): Digitale 3D-Modelle von Bauwerken, auch digitale Zwillinge genannt, können sowohl für die Planung als auch für die Instandhaltung von Bestandsbauwerken genutzt werden. Es ist daher denkbar, dass alle Informationen zur Wohn- und Infrastruktur in Zukunft noch mehr zusammenfließen. Somit kommt es zu weniger Informationsverlusten und die Daten bleiben stets aktuell. Ein weiterer Vorteil liegt in der visuellen Nutzung: Eine 3D-Ansicht ist für die meisten Menschen greifbarer als ein zweidimensionaler Plan.
Wie stellen Sie sich die Baustellen der Zukunft vor?
Mit dem Einsatz von Kameras, Lasern und Scannern verändern sich viele Prozesse auf Baustellen. So können beispielsweise Baufortschritte dokumentiert und Unstimmigkeiten aufgedeckt werden, die ansonsten möglicherweise zu spät zum Vorschein gekommen wären. Mit hochauflösenden Scannern lassen sich zudem echtzeitnahe Abgleiche vornehmen, auch um Kollisionsprüfungen auf Basis aktueller 3D-Modelle durchzuführen. Eine wichtige Rolle wird zukünftig zudem die Baurobotik spielen. Mit dem zunehmenden Einsatz von humanoiden Robotern, Lauf- und Fahrrobotern oder Drohnen werden Menschen immer mehr mit Maschinen arbeiten beziehungsweise kommunizieren. Mit dem Einsatz von Computer Vision, also der Nutzung von Sensoren, Kameras und Scannern, werden viele Prozesse immer wirtschaftlicher und sicherer, so dass ich von einer Zunahme digitaler Arbeits- und Hilfsmittel ausgehe. Möglicherweise sind Menschen zukünftig auf Baustellen sogar obsolet. In einem entsprechenden Szenario würden Maschinen autonom – vergleichbar mit dem Internet Of Things – selbstständig miteinander kommunizieren. Basis ist hier vor allem die Maschinenintelligenz, ohne die viele der meist sehr komplexen Vorgänge nicht möglich sind.
Wohin entwickeln sich der 3D-Druck und das serielle Bauen, also die Verwendung vorgefertigter Bauteile?
Ich erwarte, dass die serielle Fertigung im Wohnungsbau an Bedeutung zunimmt. Gleichzeitig dürfte der 3D-Druck in Kombination mit der Baurobotik von immer größerem Interesse sein. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es werden weniger Schalungsmaterialien und weniger Facharbeiter*innen benötigt. In der Regel ist die Errichtung von Schalungen vor Ort sehr zeit- und kostenintensiv. Ich gehe davon aus, dass Firmen selbst größere Bauvorhaben vermehrt in additiver Fertigung errichten, zum Beispiel indem 3D-gedruckte Bauteile von fahrbaren Robotern auf Baustellen transportiert werden. Eine wichtige Rolle in der additiven Fertigung spielt auch die Materialforschung, gerade mit Blick auf nachhaltige Baustoffe. In diesem Bereich erwarte ich ebenfalls neue Impulse.